Ganz klar: Wer Werwolf wird, wurde gebissen. Ist das mit allen Werwölfen so? Nein! Eine kleine Trilogie Namens “Geliebtes Blut” widersetzt sich den Römern und … äh. Gut. Lassen wir das.

Wie entsteht ein Werwolf?

Die Werwölfe in dieser Welt werden nicht gebissen oder anderweitig verwandelt, sondern so geboren. Zunächst fällt das allerdings nicht auf, da sie als ganz normale Menschen aufwachsen. Erst mit zwanzig Jahren wandeln sie sich das erste Mal und werden zu einem Werwolf.

Ein erstes Anzeichen für den Werwolf gibt es bereits bei der Geburt. Das Baby kommt schon im siebten Monat zur Welt, ist aber so weit entwickelt und so kräftig, als hätte die Schwangerschaft die vollen 9 Monate gedauert.

Die nächsten Anzeichen setzen ein, wenn der Werwolf 19 Jahre alt wird. Bei weiblichen Werwölfen sind die Zeichen nicht ganz so stark, aber männliche Werwölfe fangen in dieser Zeit an, zu wachsen und in die Breite zu gehen. Beide Geschlechter sind jedoch mit einem gesunden Appetit gesegnet, da ihr Körper sich auf die energiezehrenden Kräfte vorbereitet, die bald freigesetzt werden. Auch das Aggressionspotential steigt immer weiter an, es kommt zu Wutausbrüchen, Streitereien und einer wilden Achterbahnfahrt an Gefühlen.

Das Rudel findet den Welpen

Zu dieser Zeit hat sich in der Regel schon ein Rudel gefunden, das sich um den werdenden Werwolf kümmert. Ausgewachsene Wölfe haben die Fähigkeit, noch ungewandelte Werwölfe zu erkennen – auch wenn nicht bei allen sicher ist, ob sie sich wirklich verwandeln. Deshalb siedelt sich das Rudel meist in der Nähe des Kandidaten oder der Kandidatin an und versucht, sich das Vertrauen zu erarbeiten. Eine solche Annäherung ist zum Beispiel in der Novelle “Joshua” zu lesen, als das Rudel Tristan aufspürt und Joshua sich ihm nähert und – etwas holprig – den ersten Kontakt herstellt.

Heute schiebt Jimmy Dienst, ein Barkeeper den er gut kennt und mag.
“Ohje. Die Arbeit?”, erkennt Jimmy sofort die Lage und stellt ihm auf sein Nicken hin eine Flasche Cola hin.
Anstatt zu trinken, schiebt er sie jedoch nur vor sich auf der Theke hin und her und pult nachdenklich an dem Etikett. Eine Ecke hat er schon abgelöst und zupft konzentriert daran herum, als er plötzlich von der Seite angesprochen wird.
“Harter Tag? Du guckst so.”
Tristan blickt auf und begegnet dem freundlichen Blick eines jungen Typen, der ungefähr in seinem Alter sein müsste.
Die grünen Augen blitzen verheißend, als hätte er irgendwas ziemlich Dämliches geplant und wäre wild entschlossen, es auch in die Tat umzusetzen.
“Mhh”, brummt Tristan nur und führt nun doch die Flasche an die Lippen, um an seiner Coke zu nippen.
“Nervt dich dein Chef… oder gehts um ein Mädchen?”, hakt der Fremde weiter nach. Tristan verzieht die Augenbrauen und stellt die Flasche zurück auf den Tresen.
“Was geht dich das an?”
“Ein Mädchen also”, schlussfolgert der Andere munter und bestellt sich ebenfalls eine Cola.
Genervt rollt Tristan mit den Augen, schnappt sich seine Flasche und macht sich davon, um sich nun doch an einen der Tische zu setzen.
Keine zwei Minuten später lässt sich der freche Kerl von der Theke neben ihn fallen und seufzt entspannt auf.
“Erzähl mir von ihr. Vielleicht kann ich dir n Tipp geben. Ich bin gut im Flirten.”
Er grinst.
Tristan nicht. Was ist das für ein Vogel?, grollt er innerlich und mustert ihn noch einmal genauer.
Er ist, im Gegensatz zu Tristan, breit gebaut und muskulös und auch sein Gesicht gibt einiges her. Man könnte sagen, dass er ziemlich gut aussieht. Also muss er vermutlich eher weniger flirten, als einfach nur mit den Fingern schnippen.
Tristan schnaubt frustriert und setzt nun doch die Flasche an, um einen Schluck zu trinken.
“Ja, du siehst auch so aus, als wenn du das müsstest“, mault er schließlich und stellt die Flasche wieder ab.
“Was meinst du?”
“Ach komm schon! Als ob jemand wie du sich sonderlich bemühen müsste.”
Das Lächeln des Fremden gefriert für eine Sekunde, doch dann kehrt seine gute Laune schlagartig zurück.
“Es ist einfacher geworden”, gibt er zu, fährt aber fort: “Aber früher war ich auch so n Trauerkloß wie du.”
“Ach und jetzt willst du einen auf Mr. Miagi machen, oder was?”, motzt Tristan und blickt zum Ausgang. Vielleicht sollte er gehen?
“Wer bist du überhaupt?”, brummt er aber und wendet sich dem Fremden wieder zu.
Der strahlt. “Na dein neuer bester Freund. Ich heiße Joshua. Und du?”

– Auszug aus Joshua

Die Wölfe und der Vollmond

Im Gegensatz zum volkstümlichen Glauben sind die Werwölfe (in meiner Buchwelt) nicht an den Vollmond gebunden, um sich zu wandeln. Lediglich die erste Wandlung erfolgt während des Vollmonds. Dieser dient als eine Art Trigger, der ab dem Alter von 20 Jahren einsetzt.

Trotzdem hat der Vollmond Einfluss auf das Leben der Werwölfe. Sind sie an allen anderen Tagen unfruchtbar, können sich Werwölfe während der dreitägigen Vollmondphase fortpflanzen. Leider übernehmen in dieser Zeit auch die Instinkte, was die ganze Sache kompliziert macht.

Denn Werwölfe sind übermenschlich stark und recht brutal, wenn sie sich ihren Instinkten ergeben. Ein Mensch könnte dabei zu schwer verletzt werden oder umkommen, weshalb sie als Fortpflanzungspartner ausscheiden. Wölfinnen gibt es selten, weshalb die fruchtbare Mondphase für die meisten Werwölfe eine eher unangenehme Zeit ist, in der sie die Nähe von Menschen oft meiden und damit zu kämpfen haben, ihre Laune unter Kontrolle zu halten.

Aber auch, wenn sich ein Wolfspaar gefunden hat, egal in welcher Kombination, halten sie während der Mondphase oft Abstand zueinander. Teilweise, weil noch kein Nachwuchs gewünscht ist, teilweise, weil das Erwachen nach so einem Marathon oft schmerzhaft ist. Das muss in Blutsbande übrigens auch eine Vampirin feststellen, die während des Vollmonds mit einem Werwolf (einvernehmlich) aneinander geraten ist.

Der Morgen dämmert, als Kyra aufschreckt. Jede Faser in ihrem Körper schmerzt und sie ist mit blauen Flecken, getrocknetem Blut und unschönen Kratzern überzogen. Die schnelle Bewegung entlockt ihr ein gequältes Zischen. Als sie ihren nackten Körper betrachtet, entdeckt sie einen riesigen Bluterguss direkt auf ihren Rippen. Vorsichtig tastet sie mit den Fingerspitzen darüber und zischt erneut. Gebrochen ist nichts, aber sie sind mindestens verstaucht. Ihr Blick fällt auf den schlafenden Wolf neben sich, der in den letzten zwei Tagen und Nächten alles andere als zärtlich zu ihr gewesen ist. Trotzdem hat ihr die Art, auf die er sie zufriedengestellt hat, durchaus gefallen. Auch wenn sie dadurch nun ziemlich lädiert ist. Ein Umstand, den sie so in ihrem Vampirdasein noch nicht erlebt hat.

– Auszug aus Blutsbande

Ein neuer Werwolf

Selbst, wenn ein werdender Wolf in die erste Wandlung kommt, bedeutet das nicht, dass er auch zu einem Werwolf wird. Denn nicht jeder überlebt die erste Wandlung. Tut er es, hat er allerdings ein unsterbliches Leben vor sich, da er ab diesem Moment aufhört zu altern. Seine Zellen erneuern sich stets, ohne dabei etwas einzubüßen und zu altern, wie es bei Menschen der Fall ist.

Womit ein neuer Werwolf klar kommen muss, ist die volle Wucht der Gefühle, die auf ihn einprasselt, sowie all die anderen Informationen, die die plötzlich geschärften Sinne an sein Gehirn senden. Dadurch überfordert, setzt sich in den meisten Fällen ein bestimmtes Gefühl durch: Wut.

„Geh lieber zurück, Rapha”, warnt sein Bruder ihn, als Tristan sich wieder aufrappelt und nun etwas sicherer steht. Mit gesenktem Kopf steht er hechelnd vor den anderen und starrt sie an. Anthony spitzt die Ohren und spannt seinen Körper, bereit zum Sprung, während Joshua sich ein wenig abseits hält. Niemand lässt Tristan aus den Augen. Ein leises Knurren kündigt die nächste Phase der ersten Wandlung an. Raphael, der direkt vor Tristan steht, macht einen vorsichtigen Schritt rückwärts, während Zachary eine Hand auf Samuels Schulter legt, um ihn zurückzuhalten.
„Keine schnellen Bewegungen, Sam. Unser Kleiner wird vermutlich gleich unglaublich wütend.”
Anspannung legt sich über die Gruppe, während das Knurren aus Tristans Kehle lauter wird. Als Raphael einen zweiten Schritt rückwärts macht, greift Tristan an. Von einem Moment auf den anderen explodiert die Wut in dem neuen Werwolf, der mit einem Satz auf Raphael zuspringt und zielgerichtet nach seiner Kehle schnappt.

– Auszug aus Blutsbande

Das Rudelleben

Auch, wenn es bei den Werwölfen sehr rau zugehen kann – immerhin sind es Raubtiere und keine Kuschelwölfe – lebt ein Rudel in Harmonie. Oft leben sie alle zusammen oder zumindest sehr dicht beieinander und tauchen meistens in der Gruppe auf.

Innerhalb des Rudels herrscht eine klare Hierarchie: Der Alpha steht oben, dann kommt der Beta und schließlich der Rest. Der jeweils jüngste Wolf hat am wenigsten zu sagen. In den meisten Fällen wird aber das ganze Rudel in die Entscheidungsprozesse mit einbezogen, auch wenn der Alpha am Ende natürlich das letzte Wort hat.

Zwischen den Rudeln sieht die Lage etwas anders aus. Dringt ein Rudel in das Gebiet eines anderen ein, kann es zu bösen Kämpfen kommen. Das gilt allerdings nicht für Wölfe, die allein durch die Gegend ziehen. Wanderer sind stets Willkommen und können sich einem Rudel für eine Weile anschließen oder auch komplett bleiben.

Der Alpha

Der Alpha eines Rudels ist nicht zwingend der größte und stärkste Wolf. Anthony ist zum Beispiel ein Stück kleiner als sein Beta Zachary und auch als die Zwillinge Sam und Raphael.

Ein Alpha-Wolf wird bereits als ein solcher geboren und übernimmt ganz instinktiv die Führungsrolle in einem Rudel. Dadurch kann er seine Alpha-Instinkte allerdings auch nicht ablegen, was zu Problemen führen kann (siehe Schattenwölfe).

Wanderer

Wanderer sind einfache Wölfe, die es nicht bei einem Rudel hält. Sie ziehen als “einsame Wölfe” durch die Gegend. Hin und wieder schließen sie sich einem Rudel an, da auch sie die Nähe ihrer Artgenossen suchen. Allerdings bleiben sie nie lange, sondern laufen nur eine Weile mit den anderen und sind oft genauso plötzlich wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht sind.

Warum Wölfe zu Wanderern werden, kann unterschiedliche Gründe haben. Manche halten es einfach nicht lange genug an einem Ort oder in einem Rudel aus. Andere, wie zum Beispiel Zachary, werden durch den Verlust eines Partners oder anderen Artgenossen zum Wanderer, um ihren Schmerz zu verarbeiten.

“Müsste Zach nicht schon zurück sein? Sonst ist er nicht so lange weg.”
Anthony sieht auf seine Uhr und nickt. “Normalerweise ist er morgens, oder spätestens mittags wieder da.”
Nachdenklich betrachtet Samuel den besorgten Gesichtsausdruck des Leitwolfs. “Denkst du, er kommt nicht mehr zurück?”
Zachary ist Anthonys rechte Hand und der ranghöchste Wolf nach dem Alpha. Aber im Gegensatz zu Sam und Rapha, die immer in einem Rudel gelebt haben, ist er ein Wanderer. Ursprünglich war auch Zachary ein Rudeltier, vor langer Zeit und in einem anderen Rudel. Aber dann hat er sich in eine Wanderin verliebt und ist mit ihr durch die Welt gezogen.
Inzwischen ist die Wölfin – Julie – seit vielen Jahren tot und als Anthony ihn gefunden hat, war Zachary in einem furchtbaren Zustand. Der Alpha, der damals noch als Schattenwolf ohne ein Rudel unterwegs war, hat ihn wieder aufgepäppelt und aus Dank hat Zachary sich ihm für eine Weile angeschlossen.
Diese Weile dauert bis heute an, aber auch jetzt ist Zachary noch oft umtriebig.
“Ich weiß es nicht.”
Anthony fährt sich mit einer Hand durchs Gesicht, stellt seine leere Flasche zur Seite und wirft einen Blick auf das turtelnde Pärchen.
Offenbar sind sie gerade dabei, ihre Versöhnung anzugehen.
“Wollt ihr nicht lieber ein paar Meilen Abstand nehmen?”
Es ist die wölfische Version von Nehmt euch ein Zimmer.
Raphael lässt von Luna ab, hält sie aber weiter an sich gedrückt und holt gerade Luft, um etwas zu erwidern, als er plötzlich erstarrt.
Auch die anderen drei heben im selben Moment den Kopf und wittern.
Zachary ist in der Nähe. Aber er ist nicht allein. Da ist noch ein anderer Geruch. Und der Geruch von Blut.
Sofort ist die ausgelassene Stimmung verflogen und alle vier setzen sich wie auf ein geheimes Kommando gleichzeitig in Bewegung, um ihrem Gefährten entgegenzueilen.

Auszug aus Joshua

Schattenwölfe

Schattenwölfe sind in der Regel Wanderer – allerdings handelt es sich hierbei um wandernde Alphas. Und im Gegensatz zu normalen Wölfen, die stets Willkommen sind, führen Alphas ohne Rudel ein schweres Leben. Sie müssen sich im Verborgenen halten, sich praktisch in den Schatten herumdrücken, woher auch die Bezeichnung kommt.

Der Grund ist einfach: Kommt ein neuer Wolf ins Rudel, kann er jemanden herausfordern oder herausgefordert werden. Gewinnt er gegen den herausgeforderten Wolf, nimmt er dessen Platz in der Hierarchie des Rudels ein und der besiegte Wolf untersteht ihm.

Wanderer tendieren selten dazu das zu tun und werden auch selten von jemandem aus dem Rudel herausgefordert. Das geschieht nur, wenn ein Wolf absolut dagegen ist, dass ein Wanderer aufgenommen wird. In der Regel kommt es aber wie gesagt nicht vor.

Anders sieht es bei Alphas aus. Sie haben es im Blut, ein Rudel anzuführen, weshalb ein Alpha mit der Zeit immer einen zweiten Alpha herausfordern würde. Gewinnt er, nimmt er den Platz als neuer Rudelchef ein und der andere Alpha ist gezwungen, sein Rudel zu verlassen.

Dementsprechend sind einzelne Alpha-Wölfe natürlich nicht gern gesehen. Da auch die Rudel meist nicht davon angetan sind, eines ihrer Mitglieder zu verlieren, werden Schattenwölfe gejagt und vertrieben oder sogar getötet, ehe sie den Alpha herausfordern können.

“Aber was ist, wenn der Wanderer den Alpha herausfordert?”
Diesmal antwortet Anthony. “Das wird nicht passieren. Wanderer sind Betas. Sie greifen keinen Alpha an.”
“Außer, der bedroht seinen Bruder”, ergänzt Zachary mit einem Blick auf Raphael, der verbissen schweigt. “Oder er ist selbst ein Alpha. Aber dann ist er auch kein Wanderer.”
“Sondern?”, hakt Tristan nach, der inzwischen neugierig geworden ist. Es ist eine neue Seite an seinen Freunden und ihrem Leben. Ein Leben, das jetzt auch seines ist, und er ist begierig, so viel wie möglich darüber zu erfahren.
“Ein Schattenwolf.”
“Oh, gleich so poetisch?”, grinst Tristan.
Wenigstens scheint er durch den Neuankömmling so abgelenkt zu sein, dass sich seine Laune wieder in normale Sphären hebt. Auch wenn das höchstwahrscheinlich nicht lange anhalten wird.
“Das ist weniger poetisch als vielmehr eine exakte Beschreibung dessen, was ein Alpha ohne Rudel ist”, wirft Zachary trocken ein.
Seth nimmt den Faden auf und erklärt: “Ein Alpha braucht ein Rudel. Das liegt in seinem Instinkt. Hat er kein Rudel, liegt sein größtes Bestreben darin, eines zu bekommen. Das bedeutet, dass er andere Alphawölfe herausfordert und versucht, ihnen ihr Rudel abzunehmen. Was natürlich nicht gerade im Interesse der Alphas liegt, die ein Rudel haben. Dementsprechend sind einzelne Alphawölfe mehr oder weniger zum Abschuss freigegeben. Das ganze Rudel jagt und tötet sie, bevor sie den Alpha herausfordern können.”
“Deshalb müssen sie in den Schatten leben. Lautlos. Leise.”, ergänzt Anthony und starrt nachdenklich ins Feuer. Tristan beobachtet ihn.
“Warst du auch mal ein Schattenwolf?”
“Ja. Bis ich Zach getroffen hab. Ein paar Jahre später kamen dann Raph und Sam dazu.”
“Das war ein Akt”, grollt Zachary leise, muss dann aber grinsen und klopft Raphael freundschaftlich auf die Schulter. “War echt ein Traum, ein Zwillingspaar durch die Wandlung begleiten zu dürfen.”

Auszug aus Schattenwolf

Die Geschwisterbindung

Eine sehr interessante psychische Entwicklung, die Werwölfe nach ihrer Wandlung durchmachen, ist die Bindung an ihre Geschwister. Auch während sie Menschen sind, besitzen sie schon einen ausgeprägten Beschützerinstinkt gegenüber Bruder oder Schwester. Nach der Wandlung verstärkt sich dieser Drang und es kommt zu einer sogenannten Blutsbindung. Geschwister bleiben immer zusammen, egal ob sie nun als Wanderer umherziehen oder im selben Rudel leben.

Ein Geschwisterpaar kann für ein Rudel ein Segen und Fluch zugleich sein.

“Nein, eine Bindung zwischen Geschwistern ist immer da. Die Rasse spielt keine Rolle. Solange sie sich nicht verwandelt haben, fühlt es sich nur an wie einfache Geschwisterliebe. Je näher die Verwandlung rückt, desto stärker wird auch die Bindung.”
“Und es ist viel mehr als nur Geschwisterliebe”, vermutet Joshua und mustert die Rücken der Zwillinge.
Von hinten sehen sie fast gleich aus. Zumindest, was ihre Statur angeht. Der einzige Unterschied zwischen ihnen ist ihr Haar. Raphael ist blond und hat einen schiefen Irokesenschnitt quer über dem Kopf, während Sams brauner Schopf sehr kurz geschoren ist. Von vorn gibt es noch mehr Unterschiede. Zwar haben sie beide braune Augen, die so dunkel sind, dass sie auch in ihrem natürlichen Zustand schon fast schwarz aussehen, aber das ist auch die einzige Gemeinsamkeit.
Sams Gesicht wirkt weich und freundlich, solange er nicht seinen Brudertier-Todesblick auflegt und jemanden umnietet. Raphael sieht dagegen immer irgendwie gefährlich aus. Seine Züge um den Mund sind härter als die von Sam und auch sein Blick ist um einiges kälter.
Raphael wirkt wie jemand, den man unbedingt zum Freund möchte. Einfach weil das weitaus gesünder ist, als ihn zum Feind zu haben. Aber trotz all ihrer Unterschiede sind sie eine Einheit. Sie bewegen sich fast gleich, sie passen aufeinander auf und im Kampf sind sie ein unschlagbares Team. Manchmal sitzen sie auch nur da und schweigen sich an, als würden sie sich über die Augen unterhalten. Echt abgedreht.
“Ja, es ist viel mehr”, stimmt Seth ihm zu, der sei-nen Blick bemerkt hat.
“Weißt du viel über diese Bindung?”, fragt Joshua interessiert nach. Der Wanderer scheint über alles Mögliche Bescheid zu wissen. Zumindest hat Joshua bisher kein Thema gefunden, zu dem der Fremde nichts zu sagen wusste, obwohl sie ihn am Vorabend ausgiebig ausgefragt haben.
“Ein bisschen. Sie ist sehr stark. Die Herzen von Geschwistern schlagen immer im Gleichtakt. Sie tragen dasselbe Blut in ihren Adern und sind damit auf eine gewisse Art auch ein Teil vom jeweils anderen. Manche sagen, es ist, als würde deine Seele neben dir laufen. Und mit der Wandlung verstärken sich bei Geschwistern nicht nur die üblichen Sinne, sondern auch die Bindung an ihre andere Hälfte.”

Auszug aus Schattenwolf

Ich hoffe, dir hat der kleine Einblick in die Welt meiner Werwölfe gefallen. Wenn du noch Fragen hast, nur raus damit! Ich freue mich schon auf unser Gespräch in den Kommentaren.