stonebooks inside – Fang Royal

In Berlin Neukölln, auf Höhe der Fuldastraße, gibt es einen unscheinbaren Hauseingang.
Er sieht aus, wie jeder andere Hauseingang auch, doch wenn man durch die Tür geht, führt einen ein kurzer Gang zu einem Treppenhaus.
Oben liegen ein paar Wohnungen, steigt man jedoch nach unten, landet man vor einer schalldichten Brandschutztür, auf der in roter klecksiger Farbe der Name “Fang Royal” steht.
Vor dieser stehe ich nach einigem Suchen und überlege, ob ich wirklich eintreten soll.
In meiner Arbeit als Angestellte der Berliner Außenstelle des Bundesamtes für magische Wesen habe ich schon so einiges erlebt – aber in die sprichwörtliche Höhle des Drachen einzutreten, ist noch einmal ein ganz anderes Kaliber.
Trotzdem gilt es, den Hinweisen nach Drachensichtungen im Berliner Luftraum nach zu gehen und den damit in Verbindung stehenden Vorwürfen, dass vermehrt junge Mädchen verschwinden.
Also hole ich ein letztes Mal tief Luft, straffe mich innerlich wie äußerlich und ziehe am Hebel der schweren Tür.

Ächzend zerre ich daran.
Nur Milimeterweise scheint sie sich zu bewegen, bis sie plötzlich einen wahren Satz macht und ich mit einem “Huch” zwei Schritte zurückstolpere.
Erschrocken blicke ich in die Augen eines Orks, der von innen nachgeholfen hat und mich nun neugierig mustert.
“Watt n nu? Raus oder rein?”, brummt er mit einer tiefen Basstimme in einem Berliner Dialekt, der ihm etwas Komisches verleiht.
“Ehm rein. Danke.”
Erneut straffe ich mich, hebe das Kinn noch ein Stück höher und marschiere sicheren Schrittes an ihm vorbei.
Es ist ein Verhalten, das mir schon am ersten Tag der Ausbildung beigebracht wurde – niemals Angst zeigen.
Die Bar, die ich betrete, ist überraschend groß. Die Wände sind unverputzt und sanftes Schummerlicht verpasst den Ziegelwänden eine gemütliche Atmosphäre.
In der Ecke stehen drei altmodische Billiardtische, ausgeleuchtet von Hängelampen, außerdem gibt es zwei Flipperautomaten  und vier überdimensionale Dartscheiben mit entsprechend großen Pfeilen.
Die Bar selbst zieht sich über die gesamte Länge einer Wand und besteht aus rustikalem Holz. Der Rest des Raumes ist um eine Tanzfläche herum mit Stühlen und Tischen gefüllt.
Es ist Vormittags, weshalb die Bar noch so gut wie leer ist. Lediglich in der Ecke sitzen ein paar Vampire an einem der größeren Tische und pokern, zwei Orks stehen in der Nähe der Tür an den Flipperautomaten und zwei junge Mädchen huschen durch den Barraum, wischen Tische ab, sammeln Gläser ein und fegen den Boden.
Eines der Mädchen, eine hübsche Brünette, kommt mir bekannt vor, doch noch ehe ich festlegen kann woher ich sie kenne, bewegt sich etwas hinter der Bar.
Etwas Großes. Der Grund wieso ich hier bin.
“Kann ich helfen, schöne Frau?”
Die Stimme des Drachen klingt rauchig und samtig zugleich und der Blick aus seinen gelben Augen ist überraschend gutmütig.
Kleine Rauchwölkchen steigen hin und wieder aus seinen Nüstern auf, während er ruhig da steht und mit unerwartet feingliedrigen Klauen ein Glas poliert.
“Sind Sie Konstantin Fang?”
“Davon gehe ich aus”, ist die schwammige Antwort, gefolgt von einem gutmütigen Schnaufen, durch das kleine Flammen sein Maul umwabern.
“Sie müssen die Dame vom Amt sein. Man hat Sie angekündigt.”
“Ja genau, Stone mein Name. Ich komme wegen der gemeldeten Drachensichtungen in letzter Zeit.”
“Vergessen Sie da nicht die verschwundenen Jungfrauen, die ich gefressen haben soll?”, hakt er nach, dabei das Glas betrachtend, ehe er es wegstellt und beide Klauen auf die Theke stützt, um mich genauer zu inspizieren.
“Nein. Ich meine Ja. Das wurde auch gemeldet.”
Ich räuspere mich peinlich berührt und lasse meinen Blick zur Seite schweifen, als das Mädchen von eben ein Tablett mit schmutzigen Gläsern auf die Theke schiebt, sich ein wenig vorbeugt und die Gläser neben das Waschbecken stellt, damit sie ihr Tablett wieder mit nehmen kann.
Wieder überkommt mich das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben, aber Fang lenkt mich in diesem Moment ab.
“Dann stellen Sie mal Ihre Fragen.”
Völlig gelassen stellt er das Wasser an und fängt an, die neuen Gläser abzuspülen und sie auf das Trockengitter zu stellen, während wir sprechen.
Fasziniert schaue ich ihm dabei zu, wie er trotz Klauen jedes Glas gewissenhaft reinigt und abspült – denn wann sieht man schon mal einen Drachen Gläser spülen?

Erst als ich seinen auffordernden Blick auf mir spüre, erinnere ich mich daran, wieso ich hier bin, räuspere mich und krame meinen Fragenkatalog aus der Tasche.
“Ihre Genehmigung für diese Bar ist aktuell habe ich gesehen, Ihre Aufentshalt- und Arbeitsgenehmigung ebenfalls. Wie bewegen Sie sich in der Stadt?”
“Ich halte mich an das bereitgestellte Tunnelsystem unter der Stadt und fliege nur den letzten Teil zu meinem Haus. Ich wohne etwas außerhalb von Berlin. Außerdem reise ich gegen Mitternacht ab und im Morgengrauen wieder an.”
Ich mache meine Notizen und hebe dann den Blick.
“Das sind nur etwa vier Stunden, abzüglich der Wegzeit. Schlafen Sie so wenig?”
“Gehört das zur Befragung?”
“Nein. Entschuldigung.”
Ich spüre die Hitze in meinen Wangen weil ich meiner Neugier nachgegeben habe und senke den Blick wieder auf meinen Fragebogen.
“Kannten Sie die verschwundenen Mädchen?”
Begleitend zu meiner Frage lege ich ein paar Vermisstenanzeigen auf der Theke aus und schiebe sie zu ihm hinüber.
Er beugt sich vor, die Klauen mit einem Handtuch trocken tupfend und tippt mit einer Kralle schließlich auf eine der Anzeigen.
“Das ist Maria. Sie haben sie hier schon gesehen.”
Tatsächlich. Es ist das Mädchen das die Tische abgeräumt hat und mir so bekannt vorkam.
Als ich mich suchend nach ihr umdrehe, ist sie allerdings verschwunden.
“Wahrscheinlich ist sie gerade rauchen”, kommentiert Fang meinen suchenden Blick und begutachtet auch die anderen Anzeigen.
“Sie ist von zu Hause weggelaufen als ihr Stiefvater anfing sie zu verprügeln. Ich hab sie außerhalb der Stadt aufgelesen und ihr eine Stelle angeboten. Also hat sie sich die Haare abgeschnitten, gefärbt und jobbt jetzt hier. Sehr zuverlässiges Mädchen.”
Nun bin ich in der Zwickmühle, denn ich muss dem Amt melden, das ich eines der Mädchen gefunden habe.
“Die anderen kenne ich nicht.”
Ich räume die Anzeigen also wieder in die Mappe und verstaue sie in meiner Handtasche.
“Sie werden tun was Sie können, nicht wahr?”, fragt er mich mit prüfendem Blick.
Innerlich würde ich am liebsten vergessen das ich sie hier gefunden habe, äußerlich aber muss ich professionell bleiben.
“Ich muss das Mädchen leider melden. Aber ja, ich werde anregen, das man die besonderen Umstände beachtet. Vielleicht bekomme ich sie im neu geplanten Schutzprogramm unter. Dann müssen Sie aber mit regelmäßigen Kontrollen leben.”
“Das ist kein Problem.”
Ich mache mir eine Randnotiz auf meinem Block und fahre schließlich fort zur nächsten Frage. “Ein Landwirt hat gemeldet das ein Drache die Schafe seines Kollegen gefressen hat. Der Kollege leugnet es allerdings.”
“Wenn besagter Kollege auf den Namen Britznek hört, habe ich seine Schafe gefressen.”
Das trockene Geständnis überrumpelt mich, was er mir wohl auch ansieht, als ich erschrocken den Blick hebe und seinem begegne.
“Also.. ähm. Gut.”
Für den Moment bin ich aus dem Konzept gebracht, denn normalerweise treffe ich auf lügende Vampire, flirtende Werwölfe oder dickköpfige Hexen – nicht auf geständige Drachen.
“Dann nehme ich das so auf.”
“Schreiben Sie dazu, dass ich dafür bezahlt habe.”
Wieder hebt sich mein Blick, fragend dieses Mal, was ihn zu einer weiterführenden Erklärung veranlasst.
“Ich muss irgendwie satt werden. Also habe ich mit ihm einen Deal gemacht. Er zieht mir ein paar Schafe auf einer abgetrennten Koppel auf und ich komme zum Fressen vorbei wenn ich hungrig bin. Dafür erhält er einen monatlichen Betrag und stellt mir eine bestimmte Anzahl an Schafen zur Verfügung.”
“Eine Schaf-Flat sozusagen”, rutscht es mir raus, doch er nickt nur.
“Sozusagen.”
Unschlüssig kritzele ich ein paar Notizen auf meinen Block, streiche durch, schreibe neu und tippe schließlich mit dem oberen Ende meines Stiftes immer wieder aufs Papier.
“War das die letzte Frage?”, kommt es vom Bardrachen, woraufhin ich nur nachdenklich nicke und den Block schließe.
“Und wie steht es mit der persönlichen Frage?”
Eine Frage, die er mir augenscheinlich aus den Augen ablesen kann.
“Naja.. ist es nicht irgendwie grausam, wenn Sie die Schafe dort einpferchen lassen, sodass sie nicht entkommen können und sie dann lebendig .. fressen?”
Ich bin mir nicht sicher, ob das so gut ankommt, doch bislang lief das Gespräch überraschend entspannt ab. Die alten Verhaltensregeln gegenüber Drachen sollten vielleicht noch einmal überarbeitet werden, denn nach diesem Gespräch kann ich nur bestätigen, das sie zu steif und überholt sind. Vielleicht hat sich aber auch nur dieser spezielle Drache angepasst. Wer eine Untergrundbar in Berlin Neukölln betreibt, die pokernde Vampire und berlinernde Orks anlockt, sollte eben so einiges gewöhnt sein.
“Grausam…”, antwortet er mir schließlich nachdenklich und mustert mich dabei prüfend.
Offenbar versucht er, meine Frage einzuschätzen.
Oder er geht die neuesten Rezepte in seinem Kopf durch. Hallo Vorurteil.
Nervös streiche ich mit den Fingern über die glatte Theke, bis er schließlich seinen massigen Kopf schüttelt.
“Nein ich denke nicht. Das Gehege ist groß genug zur Flucht und außer in den Momenten in denen ich zum Speisen vorbei komme, haben sie dort ihre Ruhe.”
Mir fällt unangenehm auf, dass er das Wort ‘speisen’ verwendet, während ich ‘fressen’ nutzte.
So ganz kann er das was er ist – ein Drache, der sich nun einmal gewählt ausdrückt – wohl doch nicht abstreifen, auch wenn er eine Untergrundbar führt.
“Darf ich auch eine Frage stellen?”
“Uhm.. klar.”
Ich bin überrascht darüber, dass ein Drache mir Fragen stellen möchte, willige aber ein. Schließlich ist es nur fair, nachdem ich ihn so gelöchert habe.
“Finden Sie es denn im Gegenzug nicht auch grausam?”
Ich runzele die Stirn und verstehe im ersten Moment nicht was er meint, doch da spricht er schon weiter.
“Die Schafe, die ich fresse, haben ein schönes Leben – dafür zahle ich eben etwas mehr. Die Tiere, die ihr Menschen konsumiert, wachsen in kleinen dunklen Stellplätzen und Boxen auf. Meistens können sie sich ihr Leben lang kaum bewegen. Ich glaube, sie bekommen auch nie richtiges Gras zu sehen. Stattdessen stehen sie in ihrem eigenen Mist. Und das so lange, bis sie in Transporter gequetscht werden, wo sie angsterfüllt übereinander fallen und stolpern. Stundenlang, wenn sie nicht auf der Reise schon sterben. Die Überlebenden stehen zwischen ihren toten Geschwistern und werden am Ankunftsort von einer Maschine zerfetzt, in die sie hinein getrieben werden.”
Während er sprach, hat er seine Klauen wieder ins Spülbecken getaucht und ganz ruhig die restlichen Gläser abgewaschen.
Nun greift er nach dem Handtuch und nimmt sich das erste Glas vor, um es zu trocknen und zu polieren.
“Ich finde das entwürdigend. Sie nicht?”, schließt er seine Frage ab – die ich nicht beantworten kann.
Stattdessen bin ich baff. Baff und absolut zu hundert Prozent sprachlos.

Als sich eine eiskalte Hand in meinen Nacken schiebt und mich aus meinen Gedanken reißt, zucke ich erschrocken zusammen, entspanne aber, als ich die dazugehörige Stimme erkenne.
“Lieferst du dir schon wieder Sprachduelle, Kon?”, hakt der Vampir der neben mir steht amüsiert nach und wendet sich anschließend belustigt an mich.
“Mach dir keinen Kopf. Bis jetzt hat er noch jeden in Grund und Boden diskutiert. Das ist eine seiner Spezialitäten.”
“Nur das er bei mir nicht lang gebraucht hat. Hi Laurence”, brumme ich vor mich hin, erwidere das versöhnliche Zwinkern des Drachen aber mit einem Lächeln.
Laurence lacht, wobei seine schneeweißen Fänge besonders gut zur Geltung kommen.
“Er braucht bei Niemandem lange”, beruhigt er mich und schiebt sich anschließend auf den freien Barhocker neben mir.
“Wann kommst du wieder zum Kontrollbesuch? Anita vermisst dich schon”, plappert er gut gelaunt drauflos und bestellt eine Bionade – natürlich die Rote.
“Hier, ich lad dich ein”, meint er gutmütig und schiebt sie mir zu, während sich Konrad Fang nun wieder seinen Gläsern widmet, offensichtlich zufrieden mit dem Gespräch.
“Nächste Woche schicke ich die neuen Termine raus. Eure Mailadresse hat sich nicht geändert?”
“Nein, ist immer noch die Selbe. Ich bin froh das Anita endlich verstanden hat wie man Mails schreibt – das bleibt schön alles so wie es ist”, witzelt der Vampir und mustert mich.
“Also, erzähl. Wie ist es dir in den letzten Wochen ergangen?”
Ein Vampir, der mich auf eine Bionade einlädt, um zu hören wie es mir geht.
Im Hintergrund pokert der Rest der Vampirgruppe, während die Orks sich lautstark mit den Flipperautomaten beschäftigen und der Bardrache der getürmten Jungfrau dabei hilft, ein paar Kisten aus dem Lager zu schleppen.
Geliebter Arbeitsalltag im Bundesamt.

stonebooks inside – Love und Jackson

stonebooks inside – Love und Jackson

Hallo zusammen! Heute interviewe ich das junge Vampir-Pärchen aus dem Roman “Savage – Ruf der Instinkte” (ehemals der Newsletter-Roman “Der Clan”).

Paige: Hallo ihr Beiden! Wie ich hörte, seid ihr das Paar aus “Savage”, dem Newsletter-Roman vo…
Love: Wir sind kein Paar.
Jackson (zeitgleich): Wir sind kein Paar.
Beide sehen sich an und drehen sich dann betont lässig wieder zu mir um. Ich sehe hüstelnd auf meinen Block und bewahre ein professionelles Gesicht.
Paige: Gut. Also, ihr habt euch kennen gelernt, als Jackson eingestellt wurde, um dich zu beschützen.
Love (schnaubt): Bewachen triffts eher. Er ist der totale Spielverderber!
Jackson (grummelnd): Du hast mich ja wohl oft genug zum shoppen und feiern geschleppt.
Love: Und du hast die meiste Zeit nur rumgenörgelt!
Jackson: Mit Recht.
Love rollt mit den Augen und wirft mir einen “siehst du, womit ich mich rumschlagen muss?”-Blick zu. Jackson guckt exakt genauso.
Paige: Na das klingt doch schon ganz gut. Jackson, wann und warum hast du entschlossen, Love gehen zu lassen? Nach meinen Informationen besagt das Vampirrecht in diesen Fällen, dass dich die Aktion deinen Kopf kosten könnte. Immerhin wird Love als eine Art Eigentum ihres Vormunds angesehen und du hast sie mehr oder weniger gestohlen.
An dieser Stelle senkt Love betroffen den Blick und Jacksons Miene verschließt sich.
Jackson: Weil das Leben in Adelskreisen eins im Käfig ist und dafür ist sie nicht gemacht. Sie wäre ihr Leben lang eingesperrt gewesen.
Er zuckt mit den Schultern, Love wirft ihm einen heimlichen Seitenblick zu. Als ich sie anspreche, zuckt sie zusammen, als hätte ich sie bei etwas erwischt.
Paige: Love, die Erleichterung war sicher groß, als du gehen konntest. Hast du denn gar keine Angst, dass du eingefangen wirst?
Love: Nein, ich bin eine Weile untergetaucht. Und selbst wenn ich zurück nach New York gehen würde – die Stadt ist groß! Außerdem glaube ich nicht, dass sie mich jetzt nach all der Zeit nochmal zurück holen. Vermutlich erzählen sie lieber, dass ich tot bin oder so, anstatt zuzugeben, dass ich unbeaufsichtigt draußen in der Welt war. Hätte ja sonstwas anstellen können. Ich bin eben kein Mann.
Paige: Die Geschlechterrollen sind bei euch ziemlich … altmodisch verteilt, oder?
Love: Das kannst du laut sagen. Sie wollten mich an irgendeinen Typen verheiraten, den ich vermutlich noch nie im Leben gesehen habe. Dabei hätte mein Vormund mich an ihn übergeben und dann hätte er über mich bestimmen können. Als wär ich n Haustier.
Paige: Jackson, du bist scheinbar gegen dieses System?
Jackson: Ich finde, dass niemand irgendwem “gehören” sollte.
Paige: Also hast du es anders gelernt?
Jackson: Mhh.
Scheinbar komme ich an dieser Stelle nicht weiter. Natürlich macht mich das umso neugieriger, doch ein Blick in sein Gesicht reicht aus, um zu sehen, dass er nicht darüber sprechen wird. Also wende ich mich wieder an Love.
Paige: Love, was hast du denn jetzt mit deiner neu gewonnen Freiheit vor?
Love (wird rot): Ich werd wohl erstmal eine Weile in Frankreich bleiben.
Paige: Oh, das ist schön – darf ich fragen, was du dort vor hast?
Love: So … Sachen. Urlaub und so.
Sie tauscht einen unsicheren Blick mit Jackson, der nun einen noch verschlosseneren Gesichtsausdruck aufsetzt. Dann blickt sie auf ihre Uhr.
Love: Ich glaub, wir müssen auch los. Sonst verpassen wir unseren Flieger.
Jackson: Stimmt, der geht bald. Na dann …
Er steht auf und reicht Love die Hand, um ihr aus dem Stuhl aufzuhelfen. Als die zwei meinen Blick bemerken, lassen sie sich los, als hätten sie an eine heiße Herdplatte gefasst. Auch ich erhebe mich und lächele sie möglichst wertfrei an.
Paige: Ich danke euch für das Gespräch und hoffe, ich seh euch beide bald mal wieder.
Love: Bestimmt!


Auch als die zwei schon eine Weile weg sind, grübele ich noch über das Gespräch nach. Offenbar haben sie etwas zu verheimlichen. Zum Einen ihre Gefühle, die für jeden offensichtlich sind – außer für sie, wie es aussieht. Aber da ist noch etwas, etwas Unausgesprochenes. Scheinbar hat es mit Frankreich zu tun. Es reizt mich, ebenfalls dorthin zu fliegen und ein bisschen Recherche zu betreiben – was verstecken die beiden da bloß?

paige

 

 


 

stonebooks inside – Sam und Rapha

stonebooks inside – Sam und Rapha

Heute bin ich die Erste, die am Ort des Interviews eintrifft. Aufgrund des schönen Wetters haben wir unser Meeting spontan in den Park verlegt und ich schlendere gerade um den Springbrunnen, der das Zentrum des Parks darstellt, als mein Blick auf die beiden fällt. Im ersten Moment bin ich irritiert und sehe nochmal in meinen Unterlagen nach, denn eigentlich habe ich ein Zwillingspaar erwartet. Und richtig, die beiden sollen nicht nur Brüder, sondern auch Zwillinge sein. Zweieiige wie es scheint, denn die beiden Jungs, die sich mir nähern, sehen sich alles andere als ähnlich. Der einzige optische Verbindungspunkt ist die identische Augenfarbe.

“Hi, ich bin Paige”, begrüße ich die beiden mit einem freundlichen Lächeln, als sie mich erreichen und reiche ihnen die Hand. Der Dunkelhaarige, der meine Hand als Erster ergreift, stellt sich mit Sam vor. Also muss Raphael der Blonde sein.
“Raph”, bestätigt er meine Vermutung nur einen Augenblick später und zu dritt bewegen wir uns zu einer Parkbank in der Nähe, um uns dort niederzulassen.
“Schön, dass es geklappt hat”, leite ich das Gespräch ein und schlage die Beine übereinander, während ich das Handy anschalte und sie darüber informiere, dass ich das Gespräch aufzeichne. Sam sitzt aufrecht und hat durchgehend ein höfliches Lächeln auf den Lippen, während Raphael sich mehr oder weniger auf die Bank lümmelt und seinen Blick immer wieder aufmerksam durch die Gegend schweifen lässt. Ich vermute, dass er nicht so entspannt ist, wie er vorgibt zu sein. Neben ihrer Größe sind das Auffälligste an den Beiden die Tätowierungen, die auf der jeweils linken Halsseite pranken. Es sind plakativ gestochene Buchstaben in einem gotisch angehauchten Stil. Auf Sams Hals steht ein R, auf Raphaels Hals ist es ein S – ich vermute, es ist der Anfangsbuchstabe des jeweils anderen.

“Okay, wollen wir beginnen?”
Samuel nickt und auch Raph wendet mir seine Aufmerksamkeit zu, indem er mich ansieht. Der Blick aus seinen Augen lässt mir einen Schauer über den Rücken laufen, da ich mich von einer Sekunde auf die andere nicht mehr wie eine Reporterin fühle, sondern wie Beute. Erst als Sam seinem Bruder den Ellbogen in die Rippen stößt, blinzelt er und sieht woanders hin.


Paige: Wie wäre es, wenn ihr beiden ein bisschen was über euch erzählt?
Sam: 
Wir sind Brüder und leben im selben Rudel. Offiziell sind wir Anfang zwanzig und Anthony ist unser Alpha.

Als Raphael auch auf meinen auffordernden Blick hin nichts ergänzt, gehe ich zur nächsten Frage über.

Paige: Okay. Ihr lebt als Werwölfe und seid zusätzlich Geschwister. Stimmt es, was man über die Geschwisterbindung sagt?
Raphael: Was sagt “man” denn über die Geschwisterbindung?

Paige: Dass sie euch stärker und gefährlicher macht – aber auch verletzlicher.
Raphael (schnaubt): Niemand macht mich verletzlich …
Sam (rollt mit den Augen und übernimmt das Wort): Ja das ist richtig. Ein Geschwisterteil kämpft härter, wenn es um die Sicherheit des anderen geht. Gerät das Geschwistertier in Gefangenschaft, kann man den Wolf damit aber auch unterdrücken und ausnutzen.

Paige: Ist euch so was schon mal passiert?
Sam: Nein.
Raphael: Besser so. Wer Sam anfasst, lebt auch nicht lange genug, um mich zu erpressen…

Paige: Wie fühlst du dich denn, wenn jemand Sam zu nah kommt?
Raphael: Ich werde wütend. Er ist mein Bruder und ich beschütze ihn.
Sam: Auch wenn du es manchmal echt übertreibst.
Raphael: Wo übertreibe ich denn?!
Sam: Du greifst nicht nur Leute an, die mir an den Kragen wollen, sondern giftest auch jeden Flirt an, der mir über den Weg läuft!
Raphael: Was kann ich dafür, wenn deine Wahl immer so beschissen ausfällt?
Sam: Das geht dich einen Scheiß an!

Offensichtlich habe ich mit der Frage in ein Bienennest gestochen, weshalb ich mich räuspere und versuche, die beiden zu erreichen, ehe sie sich gegenseitig anfallen und prügeln. Da Raphael inzwischen aufgesprungen ist, scheint diese Möglichkeit nicht ganz ausgeschlossen.

Paige: Okay, Sam du fühlst dich also eher unterdrückt von der Geschwisterbindung?
Sam: Ja.
Raphael: Du hast ja auch ne Macke.
Sam: Klappe, Rapha.

Paige: Was würdest du dir denn wünschen, was an der Bindung anders wäre? Was glaubst du, wieso Raphael so besitzergreifend ist?
Raphael: Ich bin nicht besitzergreifend …
Sam: Doch, bist du. Manchmal glaub ich echt, bei dir ist bei der ersten Wandlung was durchgebrannt. Bei mir ist es nicht so schlimm, wie bei dir. Ich will mehr Freiraum. Scheiße man, ich bin erwachsen und brauch dich nicht ständig als Babysitter …
Raphael: Damit Nick zum Zug kommt?
Sam: Damit ICH mal zum Zug komme!

Paige: Wer ist Nick?
Sam: Ein Freund vom Rudel.
Raphael (zeitgleich): Ein Idiot.

Die beiden starren sich wütend an, ehe Sam ein Stück von Raphael abrückt  und sich demonstrativ zu mir umdreht.

Sam: Nick ist der beste Freund von Luna. Wir kennen ihn seit Jahren.
Raphael (giftig): Und er steht auf Sam.

Paige: Ist das denn schlimm? Dass ein männlicher Wolf auf deinen Bruder steht?
Raphael: Nein, aber es ist schlimm, weil es Nick ist.
Sam: Wieso denn?
Raphael: Weil … er ein Idiot ist!
Sam: Weil er Luna das Leben gerettet hat? Oder weil er an MIR interessiert ist und dich nicht leiden kann? Übrigens ist das deine eigene Schuld. Hättest ihn ja nicht dumm anmachen müssen damals.
Raphael schnaubt.
Sam: Was? Nick ist in Ordnung. Du kannst es nur nicht ertragen, wenn sich mir jemand anders nähert, du Glucke.
Raphael: Du kannst mich, Sam! Wir sehen uns, Paige.

Und schon ist Raphael aufgesprungen und lässt uns zurück – Sam verstimmt und mich ziemlich sprachlos.

Paige: Läuft das bei euch immer so?
Sam: In letzter Zeit schon. Nick ist Single und wir verbringen ziemlich viel Zeit mit ihm. Außerdem ist Raphael eh überreizt, wegen Luna.

Paige: Luna habt ihr schon mal erwähnt – wer ist das?
Sam (leiser): Die Frau, die Rapha nicht beschützen konnte.


An dieser Stelle habe ich das Interview beendet und mich von Sam verabschiedet. Ich habe noch den ganzen Rest des Tages über Raphael und sein Verhalten gegenüber seinem Bruder nachgedacht. Sein Beschützerinstinkt scheint sehr überentwickelt zu sein, womit er seinen Bruder in eine Ecke drängt, aus der Sam nur schlecht wieder heraus kann. Aus Sams letzten Worten schließe ich, dass auch der Verlust von der erwähnten Luna eine große Rolle zu spielen scheint.

Ich bin gespannt, was ich aus dem nächsten Interview über das Rudel erfahre.

paige

stonebooks inside – Seth

stonebooks inside – Seth

Es ist einer der ersten schönen Tage diesen Jahres. Die Sonne wärmt und ich schlendere mit meiner schwarzen Lieblingssonnenbrille auf der Nase zu dem Café, in dem wir verabredet sind. Seth ist bereits da und sieht mit seiner strubbeligen Kurzhaarfrisur und dem Dreitagebart umwerfend gut aus. Sobald er mich sieht, umspielt ein verschmitztes Lächeln seine vollen Lippen und er steht sofort auf, um mir den Stuhl zurück zu ziehen. Gekleidet ist er sehr leger in ein helles T-Shirt, ein paar lockere Jeans und dunkelblaue Sneakers.
“Hi, ich bin Seth”, begrüßt er mich mit dunkler Stimme und sofort stellen sich meine Nackenhaare auf.
“Ich bin Paige, freut mich”, grüße ich zurück und bin augenblicklich gefangen von diesen absolut faszinierenden Augen. Ihr dunkelblauer Farbton ist mit goldenen Sprenkeln durchzogen, was ihm zusätzlich etwas Geheimnisvolles verleiht. Nicht dass seine Ausstrahlung das noch nötig gehabt hätte. Sein Händedruck ist warm und genau richtig. Als er meine Hand ein wenig länger festhält als ich es gewohnt bin, spüre ich, wie die Röte in meinem Gesicht aufsteigt.
“Wollen wir uns setzen?”, bringe ich brüchig hervor und räuspere mich. Er lächelt.
“Gern.”
Scheinbar ist er derartige Reaktionen von Frauen gewohnt. Wir setzen uns und ich bestelle einen Cappuccino, ehe ich geschäftsmäßig mein Handy mit der Tonbandfunktion auf den Tisch lege und meinen Notizblock hervorkrame. Heimlich durchatmend streiche ich eine meiner roten Locken hinters Ohr und drücke auf den Button für die Aufnahme.

“Okay, fangen wir an?”, beginne ich und bemühe mich, seinem Blick standzuhalten. Sein wissendes Schmunzeln bringt meine Ohren zum Glühen, doch zu meinem Glück geht er nicht weiter darauf ein, dass ich ihm jeglichen Smalltalk verweigere um das Eis zu brechen, sondern einfach loslege.
“Ich bin bereit”, erwidert er gelassen und lehnt sich gemütlich im Stuhl zurück.
Das kann ich mir vorstellen, zuckt es mir durch den Kopf, doch dann reiße ich mich zusammen.
“Unser Thema heute lautet ‘Das Verhalten von Werwolfrudeln gegenüber fremden Wölfen`. Möchtest du vorher etwas über dich erzählen?”
Ich notiere die Frage und hebe anschließend den Blick, um ihn abwartend anzusehen. Seth hebt beide Arme und verschränkt die Hände hinter dem Kopf. Auf seinem linken Arm prangt an der Innenseite des Oberarms eine Tätowierung in arabischen Schriftzeichen. Scheinbar sehe ich zu auffällig hin, denn sein Blick folgt meinem, ehe er erklärt, was dort steht. “Es bedeutet ‘Wolf’.”
“Was ist das für eine Sprache?”, hake ich nach und lege den Kopf flirtend auf die Seite. So unprofessionell habe ich mich noch nie zuvor verhalten. Allerdings habe ich auch noch nie zuvor einen Werwolf interviewt. Für die nächsten Gespräche muss ich mich definitiv besser wappnen.
“Sehr altes Hebräisch. Das spricht in dieser Form heutzutage niemand mehr. Ich habe dem Tätowierer das Wort aufgezeichnet.”
“Also bist du älter?” Die Frage rutscht mir raus, noch bevor mir klar wird, was ich da frage. Peinlich berührt räuspere ich mich erneut, wage es aber nicht, die Frage zurück zu ziehen. Glücklicherweise reagiert er gelassen.
“Ist ne Weile her, dass ich zwanzig war.”
“Gibt es sonst noch etwas, das du über dich erzählen möchtest, bevor wir anfangen?”, hake ich nach, doch er schüttelt nur den Kopf. Sonderlich gesprächig scheint er nicht, wenn es um ihn selbst geht. Also nicke ich und werfe einen Blick auf die erste Frage, die ich mir notiert habe.


Paige: Was passiert, wenn ein Rudel auf einen fremden Werwolf trifft?
Seth: Das kommt darauf an, ob es sich bei dem Wolf um einen Wanderer, oder um einen Schattenwolf handelt.

Paige: Was ist denn der Unterschied?
Seth: Ein Wanderer ist ein einfacher Werwolf. Einfache Werwölfe werden in einem Rudel immer Willkommen geheißen – das ist eine unserer Regeln. Ein Schattenwolf hingegen ist ein Alpha ohne Rudel. Schattenwölfe sind mehr oder weniger zum Abschuss frei gegeben, da immer die Gefahr besteht, dass der fremde Alpha dem herrschenden sein Rudel abzunehmen versucht.

Paige: Okay, das ist nachvollziehbar. Schließlich hat niemand Lust, sein Rudel abzugeben und selbst als Schattenwolf durch die Welt zu ziehen. Interessant finde ich es, dass Wanderer immer aufgenommen werden. Wie kam es zu dieser Regel unter Wölfen?
Seth: Es liegt in unserer Natur. Ein fremder Wolf hat dir nichts getan – wieso sollten wir ihn also ausschließen, nur weil er von außerhalb unserer Gruppe kommt? Ein Werwolf unterstellt einem Fremden nicht einfach, dass er ihm Böses will. Wir gehören einer Rasse an und sitzen damit alle im selben Boot. Das Alphas nicht akzeptiert werden, hat eher mit den Machtverhältnissen im Rudel zu tun. Es liegt in ihrem Instinkt, ein Rudel um sich zu sammeln, also gibt es einen Grund, sie vom eigenen fern zu halten. Deshalb werden Jungwölfe, die sich als Alphas herausstellen, auch aus dem Rudel verstoßen, sobald sich die Situation zuspitzt

Paige: Ihr verstoßt die jungen Alphas? Aber sind die Rudel nicht so etwas wie eine Familie? 
Seth: Ja, sonst legen sie sich immer wieder mit dem vorherrschenden Alpha an und das würde so weit gehen, bis einer den anderen auslöscht. Das Rudel ist sogar noch mehr als eine Familie. Das Gefühl der Verbundenheit geht sehr viel tiefer. Auch, weil der Wolf sein Rudel selbst wählt. Er entscheidet, ob er sich dem Alpha anschließt und der Alpha entscheidet, ob er den Wolf aufnimmt.

Paige: Ich dachte ein Alpha, bzw. sein Rudel muss jeden Wanderer aufnehmen?
Seth: Erst mal ja. Wanderer bleiben oft aber nicht lange und sind nicht dauerhaft ein Teil des Rudels. Sie leben und jagen mit dem Rudel solange sie es wünschen und gehen wieder, wann es ihnen passt. Sobald ein Wanderer dem Rudel schadet, hat der Alpha aber auch das Recht, ihn zu verstoßen. Die Erstaufnahme ist eine Art Gastfreundschaft, die unter Wölfen üblich ist. Im Rudel ist man als Wolf immer sicherer und diese Sicherheit darf keinem Wolf verwehrt werden, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen. Findet das Rudel aber einen Welpen vor, kann der Alpha entscheiden, ob das Rudel ihn durch die Wandlung begleitet und aufnimmt, oder ob sie weiter ziehen.

Paige: Also ist nach euren Gesetzen grundsätzlich jeder Wolf erst mal unschuldig?
Seth: *lacht* Unschuldig ist keiner von uns. Aber ja: Solange er sich dem Rudel oder einem der Wölfe gegenüber nichts hat zu schulden kommen lassen, gilt er als unschuldig und hat das Recht auf Gastfreundschaft.

Paige: Die Gemeinschaft der Werwölfe ist also eng verbunden?
Seth: *wiegt den Kopf* Nicht direkt. Einzeln herumstreifende Wölfe werden in die Rudel aufgenommen. Sie sind dort sicherer und jeder einzelne Wolf stärkt das Rudel. Wir sorgen für die Unseren. Wenn aber zwei Rudel aufeinander treffen, weil eines zum Beispiel in das Gebiet des anderen eingedrungen ist, kann es zu Überfällen und gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen. Deshalb halten sich wandernde Rudel von Gebieten fern, von denen bekannt ist, dass sie von Stammrudeln besetzt sind.

Paige: Also gibt es auch ganze Rudel, die immer umher wandern. Da herrscht ja ganz schön Bewegung bei euch.
Seth: Wir sind ne aktive Rasse. *grinst*

Paige: Ich finde es bewundernswert, dass ihr für Fremde sorgt, wenn sie Hilfe und Schutz brauchen.
Seth: Das sollte selbstverständlich sein. Jeder von uns braucht mal Hilfe. Ein Gleichgewicht kann nur durch Geben und Nehmen gehalten werden. Sobald eine Seite nur noch nimmt und die andere Seite unterdrückt, gerät die Welt ins Ungleichgewicht. Es würde zu Unzufriedenheit kommen, zu einzelnen Lagern, Streit und Kämpfen. Einen Krieg zu führen, nur weil einer mehr hat als der andere, ist einer der unnötigsten Gründe überhaupt.

Paige: Wieso? 
Seth: Weil sich dem, der mehr hat, immer die Gelegenheit bietet, etwas davon abzugeben. Zu teilen. Das macht aus einem “Zuviel” und einem “Zuwenig” zwei gleich große “gerade richtig”.


Ich bin baff. Beeindruckt mustere ich meinen Gesprächspartner, der noch immer so entspannt wirkt, als könnte ihn nichts auf dieser Welt erschüttern. Ich frage mich, wie alt er wirklich ist. Erst als er die Augenbrauen fragend anhebt, bemerke ich, dass ich ihn schon seit einer Weile schweigend anstarre. Also räuspere ich mich zum dritten oder vierten Mal in diesem Gespräch und bringe ein schiefes Lächeln zustande.
“Das war beeindruckend. Ich meine, eure Art ist beeindruckend. Und gar nicht so, wie man denkt.”
Wieder ist da dieses charmante Lächeln auf seinen Lippen, das mich innerlich fast aufseufzen lässt.
“Wir sind schließlich alle nur Menschen”, erwidert er, zwinkert mir zu und trifft damit eine Aussage, die mich noch die nächsten Wochen beschäftigen wird.

paige